1. Warum zu einem seriösen Ökostromanbieter wechseln?

Durch die EEG-Reform im Jahr 2009 wurde eine florierende Solarindustrie praktisch in Grund und Boden gestampft, mit verheerenden Folgen bis in unsere Gegenwart. Durch das Wegbrechen tausender Arbeitsplätze steht man mit seinem Wunsch, sich ein Solardach installieren lassen zu wollen, ziemlich alleine da. Solarteure sind rar geworden und auf die Schnelle ist sowieso keiner zu kriegen.

Für Stromerzeuger, die mit fossilen Brennstoffen umgehen, ist die Politik der Verhinderung jedoch durchaus lukrativ. Ja, sie müssen Zertifikate zukaufen, um Ökostrom-Tarife verlaufen zu können. Aber das ist immer noch einfacher und günstiger, als in die Produktion von Erneuerbaren Energien (sprich in den Ausbau von Solar- und Windkraft-Anlagen) zu investieren.

Zertifikatehandel ist nach unserer Ansicht eines der größten Probleme, die die Energiewende verhindern. In folgenden Abschnitt erklären wir es dir kurz und bündig.

1.1. Nicht überall, wo Ökostrom draufsteht, muss Ökostrom drinnen sein!

Die allgemeine Vorstellung ist doch, dass Ökostrom ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt und Strom aus fossiler Energieerzeugung und Atomkraft nicht Ökostrom genannt werden darf. Ökostrom-Tarife implizieren auch, dass der Anbieter in regenerative Technik investiert und somit die Energiewende gefördert.Vgl. https://www.energie- lexikon.info/oekostrom.html

Klingt schön, ist aber nicht immer so.

1.2. „Öko“ ist kein geschützter Begriff in Deutschland.

Für Ökostrom gibt es weder gesetzliche Kriterien, noch ein gesetzliches Siegel. In Deutschland ist das Wort „Öko“ sozusagen interpretations-offen.

Aufgrund der vagen Sprachregelung erlaubt der „Bundesverband Erneuerbare Energie“Vgl. https://www.bee-ev.de die Bezeichnung „Ökostrom“ für jeden Strom, der wenigstens zur Hälfte aus erneuerbaren Energien (Wind, Biomasse, Solar, Wasser, Geothermie) besteht. Die andere Hälfte muss aus Kraft-Wärme- Kopplungsanlagen kommen. Aber im Prinzip darf das Wort „Öko“ für alles Mögliche verwendet werden.

Ökostrom könnte viel müheloser flächendeckend durgesetzt werden, gäbe es ein gesetzliches Öko-Siegel auf der Basis strenger Kriterien. Denn würde ein Stromlieferant gegen solche Auflagen verstoßen, würde sich strafbar machen.§ 136 Abs. 2 StGB

1.3. Physischer Ökostrom aus der Steckdose existiert nicht – noch nicht.

Du kannst Ökostrom nicht im Laden kaufen und mit nach Hause nehmen. Du musst den Strom nehmen, der sich in den Leitungen befindet.

Was also aus deiner Steckdose strömt, kann physisch und ganz real nicht Ökostrom genannt werden. Es ist ein Strommix, der aus den nächstgelegenen Kraftwerken kommt, weil Strom physikalisch immer den kürzesten Weg nimmt. Dieser Strommix wird Graustrom genannt. In München kommt der Mix z.B. vom Kohlekraftwerk Nord, vom Atomkraftwerk Isar 2 und vom Prater-Wasserkraftwerk. Das Prater-Wasserkraftwerk wird von „green city“ betrieben, mit Anteilen der Stadtwerke München.

Aus deiner Steckdose wird erst dann physischer Ökostrom fließen, wenn Deutschland komplett auf Erneuerbare Energien umgestellt hat.

1.4. Weiß mein Stromversorger, woher sein Strom kommt?

Jeder erzeugte Strom wird ins Netz eingespeist und sammelt sich (bildlich gesprochen) im sogenannten Stromsee der Übertragungsnetzbetreiber. Dein Anbieter muss entsprechende Strommengen zuvor an der Strombörse einkaufen. An den Strombörsen wird jedoch nur Graustrom gehandelt, der in seiner Herkunft nur anteilmäßig rückverfolgbar ist.

Dein Stromversorger kann also gar nicht im Detail wissen, woher sein an der Börse virtuell eingekaufter Strom kommt und wie sich sein Strommix am Ende zusammensetzt. Die unterschiedlichen Quellen und möglichen Zwischenhändler sind einfach zu viele.

1.5. Aber ich bezahle für Ökostrom! – Die Kennzeichnungspflicht vom Strommix.

Der Gesetzgeber schreibt den Stromversorgern die sog „Stromkennzeichnung“ vor.Vgl. § 42 EnWg und § 78 EEG 2017; Damit wurde die EU-Richtlinie 2009/72/EG umgesetzt. Auf den ersten Blick scheint die Stromkennzeichnung der Orientierung der Verbraucher zu dienen. Auf den zweiten Blick jedoch entpuppt sich die Stromkennzeichnung als eine Maßnahme, die keine Transparenz schafft, sondern stattdessen verschleiert und verwirrt.Vgl. Greenpeace (13.03.2015): Stromkennzeichnung: Transparenz oder Verbrauchertäuschung.

Die Stromkennzeichnung muss im Internet öffentlich gemacht und darüber hinaus der Stromabrechnung der einzelnen Haushalte beigelegt werden.

In der Stromkennzeichnung muss aufgeführt werden:

  • wie sich der Strommix deines Stromversorgers zusammenstellt.Vgl. Umweltbundesamt zur verpflichtenden Stromkennzeichnung des Energieversorgers.
  • wie sich der Strommix pro Kilowattstunde auf die Umwelt auswirkt; d.h. wie groß der Anteil der CO2-Emissionen ist oder/und wie viel radioaktiven Abfall anfällt.Vgl. https://www.duh.de/verbraucher-stromkennzeichnung/.
  • wie die bundesweiten Durchschnittswerte sind, damit man vergleichen kann.Vgl. § 42 Nr. 2 EnWG.

Die prozentualen Anteile im Strommix entsprechen jedoch nicht den realen Stromlieferungen. Stattdessen wird einerseits mit Durchschnittswerten gerechnet, zum anderen dürfen bestimmte Ausgabenposten der Stromanbieter nach den gesetzlichen Regeln einbezogen werden, die nichts mit den realen Stromlieferungen zu tun haben.Vgl. § 42 Abs. 4 EnWG: Bei Strommengen, die nicht eindeutig erzeugungsseitig einem der in Absatz 1 Nummer 1 genannten Energieträger zugeordnet werden können, ist der ENTSO-E-Energieträgermix für Deutschland unter Abzug der nach Absatz 5 Nummer 1 und 2 auszuweisenden Anteile an Strom aus erneuerbaren Energien zu Grunde zu legen.

1.6. Ökostrom-Zertifikate – Verbrauchertäuschung durch Umettikettierung.

Ökostrom-Zertifikate sind eine günstige Methode für Stromkonzerne, ihren Kohle- und Atomstrom auf „Ökostrom“ umzuschminken.

Dieses Geschäft mit der Illusion schadet dem Klimaschutz mehr, als dass es ihm nützt. Erstens ist der Zertifikate-Handel eine große Verbraucher-Täuschung und zweitens bewegt er sich im Milliarden-Euro-Bereich.vor allem der Handel mit CO2-Zertifikatehandel: Vgl. https://www.neopresse.com/wg/das-milliardengeschaeft-mit-co2-zertifikaten/. Das sind Milliarden, die wir für die 100%ige Umstellung auf Erneuerbare Energien gut gebrauchen könnten, die uns jedoch fehlen.

a) Was ist ein Ökostrom-Zertifikat?

Hier bewegen wir uns wieder in den Bereich, in dem Strom ein virtuelles Produkt ist und nichts mit tatsächlichen physischen Lieferungen zu tun hat.

Nehmen wir folgendes an:

Eine Ökostrom-Erzeugeranlage (z.B. ein Wasserkraftwerk in Norwegen) erzeugt eine bestimmte Strommenge in einem bestimmten Zeitraum.Vgl. z.B. https://www.udo-leuschner.de/energie-chronik/131205d1.htm; https://www.energieheld.de/energie-sparen/strom/oekostrom/aus-norwegen.

  • Für diese Menge an Ökostrom bekommt die Erzeugeranlage eine offizielle Öko-Bescheinigung.
  • Diese Bescheinigung kann das Wasserkraftwerk nun auf dem Zertifikate-Markt verkaufen. Es hat dabei jedoch die Auflage, dass es das Öko-Label nicht mehr für das eigene Stromprodukt verwenden darf – weil, man kann ja nicht eine Ökostrom-Menge zweimal als Ökostrom verkaufen.Vgl. zum Doppelvermarktungsverbot https://dejure.org/gesetze/EEG/56.html

Und hier noch mal bildlich:Wege der EECS-Zertifikate: https://www.kwh-preis.de/oekostrom/oekostrom-zertifikate/recs-zertifikate.

b) Wie geht es weiter mit dem norwegischen Wasserkraftwerk und den Zertifikaten?

Weil der physische Strom (wie wir erklärt haben) immer den kürzesten Weg nimmt, liefert das Wasserkraftwerk sauberen Ökostrom aus Wasserkraft an die norwegischen Haushalte.

  • Dass dieser Ökostrom aus Wasserkraft nicht mehr Ökostrom heißen darf, macht den Norweger*innen nichts.
  • Sie wissen ja, dass in Norwegen fast der gesamte Strom aus Wasserkraft kommt und deshalb Öko ist.
  • Dafür brauchen sie weder Bestätigung noch Label.Vgl. Warum Norwegen auf Wasserkraft setzt.

Im nächsten Schritt verkauft nun das norwegische Wasserkraftwerk seine Öko-Bescheinigungen (die es Zuhause nicht braucht) am Zertifikate-Markt als Öko-Labels.Vgl. https://www.umweltberatung.at/zertifizierter-oekostrom.

  • Jetzt sind wir im virtuellen Bereich angekommen, denn der Zertifikate-Handel hat
  • nichts mehr mit der physischen Lieferung von Ökostrom an den Käufer des Ökostrom-Zertifikats zu tun.
  • Physisch ist der Strom ja bereits an die Norweger verkauft worden.
  • Was hier gehandelt wird, sind Schildchen ohne tieferen Sinn, auf denen Ökostrom steht.

Nun können die Stromversorger diese Schildchen (sprich die Öko-Zertifikate) erwerben und sie als Herkunftsnachweis für ihren eigenen Strommix verwenden.

  • Nochmal: die Stromversorger kaufen ein Schildchen für eine bestimmte Menge
  • virtuellen Stroms und kleben das Schildchen dann auf die gleiche Menge ihres Produkts.
  • In ihrer Stromkennzeichnung kann nun die entsprechende Strom-Menge, die durch die Zertifikate gedeckt ist, als „andere erneuerbare Energien“ ausgewiesen werden.
  • Fertig ist der Ökostrom-Tarif.

Strom-Kund*innen können so den Eindruck bekommen, als habe eine physische Stromlieferung (etwa aus norwegischer, österreichischer oder schweizerischer Wasserkraft) stattgefunden.Vgl. https://www.pv-magazine.de/2021/05/03/gutachten-enwg-novelle-bringt-transparenz-in-den-strommix-der-versorger/.

Aber das ist nicht passiert.

Alles was passiert ist: ein norwegisches Wasserkraftwerk hat ein Öko-Schildchen hergestellt und ein deutscher Stromerzeuger hat dieses Schildchen erworben. Nun kann er es als Herkunftsnachweis für seinen Ökostrom-Tarif verwenden.

c) Absurde Blüten im Reich der Ökostrom-Zertifikate.

Der Handel mit Ökostrom-Zertifikaten nützt also den herkömmlichen Stromversorgern und -lieferanten.

Aber was ist mit den seriösen Ökostrom-Anbietern und -erzeugern? – Ja, es gibt sie wirklich! Diese Anbieter halten sich vom Handel mit Altenergien fern und investieren intensiv in den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Nun, auf Grund der Gesetzeslage müssen seriöse Ökostrom-Anbieter genauso wie alle anderen Ökostrom-Zertifikate erwerben, um ihren Strom als Ökostrom verkaufen zu dürfen. Warum das so ist, ist eine längere Geschichte, die wir in einem unserer nächsten Artikel erklären.

1.7. Zusammenfassung

  • In Deutschland ist „Öko“ kein geschützter Begriff, deshalb muss nicht alles Öko sein, wo Öko draufsteht.
  • Bei der Stromkennzeichnung wird mit Durchschnittswerten hantiert, die nicht die tatsächlichen prozentualen Anteile der einzelnen Energieformen in den Strommengen der Stromversorger angeben. Dadurch können Energieversorger ihren Strom schönrechnen.
  • Stromversorger müssen nicht angeben, aus welchen Ländern sie ihren Strom beziehen und können so z.B. französischen Atomstrom als grün verkaufen.
  • Ökostrom-Zertifikate sind reine Umettikettierung, die nichts zur Energiewende beitragen.